Direkt zum Hauptbereich

Kinder sehen früh und ungewollt Hardcore-Filme - Pornografie im Internet

Universitäten Hohenheim und Münster befragten repräsentativ 1048 Kinder und Jugendliche nach Begleitumständen und Gefühlen beim Erstkontakt / Rund 50 Prozent sind ungewollte Kontakte

Kinder und Jugendliche werden sehr früh über Online-Kanäle mit sexuell expliziten Inhalten konfrontiert. Das bestätigt eine repräsentative Befragung von Kommunikationswissen-schaftlern der Universitäten Münster und Hohenheim in Stuttgart. Fast die Hälfte der 1048 befragten 14- bis 20-Jährigen gibt an, „Hardcore-Pornografie“ mit entblößten Geschlechtsteilen gesehen zu haben. Bei der jüngsten Teilgruppe, den 14- und 15-Jährigen, ist es immerhin ein Drittel. Rund die Hälfte dieser Online-Funde kommt ungewollt zustande. Die Online-Befragung erlaubt erstmals generalisierbare Aussagen über die soziale Situation und das individuelle Erleben der Jugendlichen beim Erstkontakt mit pornografischen Bildern oder Filmen. Die Studie erscheint dieser Tage in einer Publikation des Springer Verlags (DOI 10.1007/978-3-658-18859-7_5).

Das von den Kindern und Jugendlichen berichtete durchschnittliche Alter, in dem sie erstmalig Kontakt mit sexuell expliziten Medieninhalten haben, liegt bei 14,2 Jahren. Männliche Jugendliche sind mit durchschnittlich 14,0 Jahren deutlich jünger als Mädchen (14,8 Jahre).

Die Studienergebnisse zeigen zudem, dass Erstkontakt offenbar immer früher im Leben der Jugendlichen stattfindet. Die 14- und 15-Jährigen, die bereits Kontakt mit harter Internet-Pornografie hatten, gaben an, beim Erstkontakt im Durchschnitt 12,7 Jahre alt gewesen zu sein.

Der Zugang erfolgte zu 70 Prozent über Laptop, Computer oder Smartphone. Andere Medien wie Fernsehen, Video oder Zeitschriften haben weitgehend ausgedient. Nach dem Erstkontakt nutzen deutlich mehr Jungen häufiger sexuell explizite Online-Angebote als Mädchen.

Repräsentative Aussagen zu Begleitumständen und Gefühlen möglich

„Neben ihren Nutzungsgewohnheiten im Internet wollten wir auch die genauen Umstände der ersten Online-Erfahrungen mit sexualisierten Inhalten erforschen“, erläutert Prof. Dr. Jens Vogelgesang, Leiter des Fachgebiets Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien- und Nutzungsforschung an der Universität Hohenheim.

Der erste Kontakt findet mehrheitlich zu Hause statt. In 40 Prozent der Fälle sind die Jugendlichen nicht allein, wenn sie das erste Mal pornografische Bilder oder Filme sehen, sondern sie tun dies mit Freunden. Im Alter zwischen 14 und 15 Jahren gilt dies sogar in 60 Prozent der Fälle.

Rund 50 Prozent ungewollte Zufallsfunde

Bei der Hälfte aller Jugendlichen ist der Erstkontakt gewollt. Allerdings zeigen sich hier geschlechtsspezifische Unterschiede, die auch aus der Forschungsliteratur bekannt sind. „Von den Mädchen gaben beispielsweise knapp 60 Prozent an, dass der Kontakt zu pornografischen Inhalten ungewollt war, bei den Jungen waren es nur 37 Prozent“, so Prof. Dr. Vogelgesang. Zu ungewollten Kontakten zählten die Forscher beispielsweise das Gezeigtbekommen von Pornografie durch Dritte oder das zufällige Antreffen dieser Inhalte im Netz.

„Die Ergebnisse legen zudem nahe“, unterstreicht Prof. Dr. Thorsten Quandt vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster, „dass Kinder und Jugendliche mit etwas konfrontiert werden, was sie weder sehen wollen noch richtig verstehen. Da die Mediennutzung oft heimlich passiert, müssen Kinder und Jugendliche mit der Verarbeitung dieser Inhalte allein und ohne elterliche oder schulische Einflussnahme zurechtkommen.“

„Eltern und Lehrer spielen nur eine nachgeordnete Rolle. Das Fehlen von Orientierung durch Erziehungspersonen ist ein ernstes Problem“, mahnt Prof. Dr. Quandt. „Die Studie führt deutlich vor Augen, dass die Erstkontakte im heutigen Online-Zeitalter schon sehr früh stattfinden, selbst mit teilweise jugendgefährdenden Inhalten.“

Pornografie weiterhin Tabuthema

Der Umfrage zufolge spricht mehr als die Hälfte der Jugendlichen nach dem Erstkontakt mit niemandem darüber, nur 4 Prozent diskutieren den Vorfall mit Lehrern oder Eltern. Die Diskussionsbereitschaft sei dabei abhängig vom Gefühl beim ersten Sehen von pornografischen Inhalten.

„Waren die Jugendlichen durch die Inhalte erregt, war die Redebereitschaft deutlich geringer, als wenn sie die Inhalte belustigend oder abstoßend empfanden“, berichtet Prof. Dr. Vogelgesang. Trotz der gestiegenen Offenheit in der Gesellschaft und vieler Aufklärungskampagnen gelte weiterhin: „Das Reden über die eigene Sexualität ist unter vielen Jugendlichen noch immer ein Tabuthema, mit dem sie entweder weitgehend allein gelassen werden oder das sie mit ihren Freunden erkunden.“

Bild der Porno-Nutzung muss korrigiert werden

Prof. Dr. Vogelgesang erklärt: „Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass das holzschnittartige Bild des einsamen männlichen Porno-Nutzers in Teilen falsch ist. Für einen nicht unerheblichen Teil der Jugendlichen ist der erste Kontakt mit Pornografie eng an den sozialen Kontext gebunden.“

„Die Befunde werfen außerdem wichtige Fragen zum Umgang mit dem Pornografiekonsum von Jugendlichen auf“, ergänzt Prof. Dr. Quandt. „Sie verdeutlichen, dass es sich nicht um ein randständiges Mediennutzungsphänomen handelt. Es ist vielmehr eine weit verbreitete Form der jugendlichen Mediennutzung.“

Die Studie erlaubt erstmalig repräsentative Aussagen über die genauen Umstände der Erstkontakte im Bereich „public intimacy“ (öffentliche Intimität). Die Experten möchten in diesem Bereich weiterforschen und weitere Ergebnisse veröffentlichen.

Publikation

Thorsten Quandt/Jens Vogelgesang: Jugend, Internet und Pornografie: Eine repräsentative Befragungsstudie zu individuellen und sozialen Kontexten der Nutzung sexuell expliziter Inhalte im Jugendalter, in: Patrick Rössler/Constanze Rossmann (Hrsg.): Kumulierte Evidenzen. Replikationsstudien in der empirischen Kommunikationsforschung, Springer VS 2018, X, Seite 91-118 (DOI 10.1007/978-3-658-18859-7_5)

Kontakt für Medien:

  • Prof. Dr. Jens Vogelgesang, Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien- und Nutzungsforschung
    Telefon: 0711 459 23428, eMail: j.vogelgesang@uni-hohenheim.de
  • Prof. Dr. Thorsten Quandt, Universität Münster, Institut für Kommunikationswissenschaft
    Telefon: 0251 83 23002, eMail: quandt@uni-muenster.de
  • Text: Töpfer
  • Quelle: idw
  • Diese Pressemitteilung wurde auf openPR veröffentlicht.

Universität Hohenheim / Florian Klebs


Buchtipps:
Diesen Blog gibt es auch als App
Zum App Store

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Studie ermittelt: Das kostet ein Schulleben in Deutschland - #Schule

Berlin (ots) - Die Einschulung steht vor der Tür, aber die wenigsten Eltern wissen, welche Kosten auf sie zukommen, wenn ihr Kind in die Schule kommt. Das Vergleichs- und Shoppingportal idealo hat die Schulausgaben in Deutschlands Bundesländern etwas genauer unter die Lupe genommen und dabei Kosten wie Einschulung, Erstausstattung, Bücher- und Essenskosten, Verkehrstickets, Arbeitsmaterialien sowie Ausgaben für Klassenfahrten und Hortbetreuung, den mit Abstand am teuersten Kostenpunkt, kalkuliert* - das Ergebnis: Ein Schulleben in Deutschland kostet von der Einschulung bis zum Abitur durchschnittlich 20.700 Euro. Zur Einschulung geben alle Bundesländer in etwa 425 bis 525 Euro** aus, somit gestaltet sich der Start fast überall gleich. Doch ab dem ersten Schultag gehen die Kosten stark auseinander, Preisschwankungen sind im Bundesvergleich deutlich erkennbar. Das Schulleben ist in Niedersachsen am teuersten obs/ Idealo Internet GmbH/ idealo internet GmbH Mit 27.300 Euro ist ei

Fiete, Adam, Ella und Olivia sind die Trendnamen 2018

Berlin (ots) - Das Familienfinanzportal Elterngeld.de hat etwa 25% aller Geburtsmeldungen aus dem ersten Quartal 2018 ausgewertet und daraus eine repräsentative Vornamensstatistik für das aktuelle Jahr erstellt. Wie auch im Vorjahr führen Emma und Ben die Topliste an. obs/fabulabs GmbH/Elterngeld.de Die 10 beliebtesten Jungennamen mit Veränderung zum Vorjahr: Ben Leon (+1) Paul (+1) Felix (+1) Finn / Fynn (+3) Lukas / Lucas (+4) Maximilian (+4) Elias (+1) Noah (-3) Jonas (-8) Die 10 beliebtesten Mädchennamen mit Veränderung zum Vorjahr: Emma Emilia (+1) Hannah / Hanna (+1) Sofia / Sophia (-2) Mia Lina Mila Lea / Leah (+1) Clara / Klara (+2) Marie (-2) Eine vollständige Liste der Top 200 Vornamen aus 2018 gibt es hier: https://www.elterngeld.de/beliebteste-vornamen-2018/ Bei den Jungen gab es in den Top10 größere Verschiebungen: Finn kletterte von Platz 8 auf Platz 5, Lukas von 10 auf 6 und Maximilian von 11 auf 7. Jonas fiel hingegen von Platz 2 auf 1

Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler ab zehn Jahren

( openPR ) Die Berufsunfähigkeitsversicherung der LV 1871 gibt es jetzt für Schüler ab zehn Jahren. Denn: Gerade Kinder und Schüler sollten sich günstige Tarife sichern. " Wer jung ist, ist meistens auch fit. Daher sollten sich gerade Schüler frühzeitig ihren Berufsunfähigkeitsschutz sichern ", empfiehlt LV 1871 Vorstand Dr. Klaus Math. Bei der Golden BU genießen Schüler von Anfang an den vollen Schutz der Golden BU. Auf eine abstrakte oder konkrete Verweisung zum Beispiel auf einen anderen Schultyp verzichtet die LV 1871. Und: Die Golden BU erhält seit Jahrzehnten Höchstbewertungen von führenden Ratingagenturen wie Franke & Bornberg oder Morgen & Morgen. Günstige Einstufung garantiert Abschließbar ist anfangs eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von bis zu 1.100 Euro im Monat. Später ist die Golden BU ohne Gesundheitsprüfung erhöhbar auf bis zu 2.500 Euro monatlich. Eine Nachversicherungsgarantie gibt die LV 1871 zum Beispiel bei erstmaliger Aufnahme eines Stud